Neues aus Icononzo in Kolumbien

Der TAZ-Journalist Sebastian Erb, der vor kurzem in der Wiedereingliederungszone von Icononzo in Kolumbien war und dort auf unsere Vermittlung auch den Kindergarten besuchte, der von „tierra unida“ mit einem Spendenprojekt unterstützt wird, hat uns zwei Fotos gesendet. Er besuchte diese und eine weitere Zone der ehemaligen FARC-Guerilla im Rahmen eines journalistischen Auftrages zum Stand des Friedensabkommens.

Der Kindergarten der Wiedereingliederungszone befindet sich im höher gelegenen Teil des Areals, in welcher die ehemaligen Kämpferinnen und Kämpfer mit ihren Kindern leben und auch arbeiten. In dem Dorf, welches mittlerweile auch aus feststehenden Fertighäusern und kaum noch aus Zelten besteht, gibt es einen kleinen Laden, ein Restaurant, ein Kulturzentrum, eine kleine Bibliothek und andere gemeinschaftlich genutzte Häuser.

Da immer mehr Familien den Wunsch haben, nun in Zeiten des Friedens Kinder zu bekommen oder bereits Kinder haben, wurde bereits eigenhändig ein Kindergarten gebaut. Zuvor gab es in den Planungen der Regierung keine Absichten, auch solche wichtigen Einrichtungen zu schaffen. Weil Kinder die zukünftige Generation sind, ist es wichtig, auch für eine adäquate Kindheit und Erziehung zu sorgen. Sie prägen schließlich das künftige Kolumbien.

Das Projekt „Kinder des Friedens“ entstammt einem gemeinsamen Austausch und den Ideen der Personen vor Ort. Wir leisten unseren Beitrag zu diesem kleinen Friedensprojekt mit einer finanziellen Unterstützung, während die Verantwortlichen in Icononzo ihre Bedarfe selbst artikulieren und umsetzen. So unterstützen wir das Ansinnen mit der Ausstattung des Kindergartens und sammeln Gelder für notwendige Anschaffungen wie Möbel und Spielzeug. Hier also zwei Fotos vom Gebäude des Kindergartens.

Hier geht es zur Spendenseite bei betterplace.org

Kindergarten in der Zone Antonio Nariño bei Icononzo
Kindergarten in der Zone Antonio Nariño bei Icononzo
Kindergarten aus der Zone Antonio Nariño bei Icononzo
Kindergarten aus der Zone Antonio Nariño bei Icononzo

Veranstaltung zum Projekt „Kinder des Friedens“

Im Rahmen unserer Mitgliederversammlung und Weihnachtsfeier von „tierra unida“ am 13.12. 2017 gibt es auch eine Veranstaltung für alle Interessierten zum Friedensprojekt in Kolumbien.  Im Folgenden der Ankündigungstext:

Kolumbien ein Jahr nach dem Friedensabkommen

Mehr als einem Jahr nach dem Abschluss des Friedensabkommens steht der Frieden in Kolumbien noch immer auf wackeligen Füßen. Auf der einen Seite bedroht neue Gewalt das Land, während andere Regionen so sicher wie noch nie sind und neue soziale und politische Ideen verwirklicht werden. Wie der Stand der Umsetzungen der Friedensvereinbarung ist, was die lokale und internationale Zivilgesellschaft tun kann und was „tierra unida“ mit ihrem Projekt „Kinder des Friedens“ bezwecken will, erläutert Christian Raschke, Mitglied bei „tierra unida“ und Projektinitiator.

Zeit: Mittwoch, der 13.12.2017, um 19 Uhr
Ort: Buchladen Sputnik, Charlottenstraße 28, 14467 Potsdam
Veranstalter ist tierra unida e.V.
Der Eintritt ist frei

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Wie macht man Frieden?

In einer Reportage berichtet Sebastian Erb, Journalist bei der TAZ, über den Friedensprozess in Kolumbien. Dazu besuchte er auch Icononzo mit der Wiedereingliederungszone Antonio Nariño und traf sich auf Vermittlung von uns mit Valentina, der Bildungskoordinatorin und verantwortlichen Person für den Kindergarten, den „tierra unida“ unterstützt. Dieser wurde auch in seiner Reportage erwähnt:

„In der Guerilla waren Kinder ein Störfaktor, die Kämpferinnen wurden gezwungen abzutreiben oder mussten ihr Neugeborenes weggeben. Der Friedensschluss brachte ein Babyboom. In Antonio Nariño leben inzwischen 14 Kinder, 19 weitere sind unterwegs. Deshalb soll bald ein Kindergarten eröffnen. Das Haus steht schon, es fehlen noch Möbel und Spielsachen.“

In seiner Reportage zeichnet er ein Bild, in dem die Umsetzung des Friedensabkommens von großen Schwierigkeiten gekennzeichnet ist. „Die Regierung erfüllte ihre Zusagen nicht oder nur zögerlich“, so Sebastian Erb. Umso wichtiger sind also Initiativen wie die unsere, um ehemaligen Kämpferinnen und Kämpfern, und besonders den Kindern, Unterstützung für ein friedliches Leben anzubieten. So macht man Frieden…

Ausschnitt vom Titelblatt der Wochenendausgabe
Ausschnitt vom Titelblatt der Wochenendausgabe

„Kinder des Friedens“ jetzt auf Deutschlands größter Spendenplattform

Um die Unterstützung und das Spenden für das Friedensprojekt „Kinder des Friedens“ in Kolumbien noch einfacher zu gestalten, hat der Lateinamerika-Arbeitskreis tierra unida e.V. nun eine Spendenseite erstellt. Die Spendenplattform „betterplace.org“ bietet Vereinfachung, Transparenz und Sicherheit für die potentiellen Spender*innen.

Das Projekt „Kinder des Friedens“ unterstützt die Kinder ehemaliger FARC-Kämpfer*innen, die nach Abgabe ihrer Waffen nun Familien gegründet haben und seit der Vereinbarung des Friedensvertrags in Wiedereingliederungszonen leben. Für die Ausstattung eines Kindergartens werden 2500 Euro benötigt.

Kinder des Friedens – Spendenseite auf betterplace.org

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Tierra Unida beginnt Friedensprojekt in Kolumbien

Ziel des Projektes „Kinder des Friedens“:

Unterstützung beim Aufbau eines Kindergartens für die Förderung der Bildung und Erziehung mit Kindern, die sich in der Wiedereingliederungszone Antonio Nariño befinden.

  • Kauf von Materialien: Ziel ist der Kauf der notwendigen Materialien, um zuerst den Kindergarten ordentlich auszustatten und anschließend Spielzeug, um mit den Jungen und Mädchen in der Wiedereingliederungszone Aktivitäten durchführen zu können.

  • Aktivitäten: Freizeit- und Bildungsaktivitäten, die bei Kindern eine adäquate Entwicklung fördern.

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Ausführliche Projektbeschreibung:

In Kolumbien gab es einen über 50 Jahre andauernden bewaffneten Konflikt zwischen der Guerilla FARC-EP (Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens) und der kolumbianischen Regierung. Seinen Ursprung hat der Konflikt in der Unterdrückung von politischer Opposition und einer ungleichen Landverteilung mit einhergehender Verarmung des Landes. Im Jahr 1964 gründete sich aus einer bäuerlichen Selbstverteidigung heraus die Guerilla FARC-EP, die ihren Kampf gegen den Staat und rechte Paramilitärs aufnahmen. Im schwer durchschaubaren Konflikt waren in den zurückliegenden Jahrzehnten auch andere bewaffnete Akteure involviert. Nachdem bereits mehrere Friedensprozesse erfolglos endeten, erfolgte nun ein weiter Versuch im Jahr 2012 unter Präsident Santos.

Mehrere Punkt standen zur Debatte, darunter eine integrale landwirtschaftliche Entwicklungspolitik, Politische Partizipation, Entschädigung der Opfer oder die Lösung des Problems der illegalen Drogen. Im Juni 2016 vereinbarte die kolumbianische Regierung mit der Guerilla einen endgültigen Waffenstillstand, am 26. September 2016 wurde in einem feierlichen Akt der Frieden beschlossen und Ende November 2016 ein verändertes Friedensabkommen durch den kolumbianischen Senat und das Repräsentantenhaus gebilligt. Ein vorheriger Entwurf wurde in einem Plebiszit nur knapp abgelehnt. Alle Guerillakämpferinnen und Kämpfer sowie zur Guerilla gehörende Strukturen versammelten sich schließlich in 26 sogenannten Übergangs- und Normalisierungszonen, wo sie ihre Waffen niederlegten und bis heute auf das zivile Leben vorbereitet werden. Neben den 6800 ehemalige Guerillakämpferinnen und -kämpfern sind dies auch Milizionäre und politische Gefangene. Die Vereinten Nationen beobachten in einer Mission die Umsetzung des Friedensabkommens.

Die sogenannte Übergangs- und Normalisierungszone (ZVTN) Antonio Nariño liegt in der Gemeinde Icononzo in der Provinz Tolima im zentralen Kolumbien. Sie ist diejenige, die am nächsten zur Hauptstadt Bogotá liegt. In dieser sogenannten ZVTN sammelten sich vor allem Kämpferinnen und Kämpfer aus dem ehemaligen militärischen Ostblock der FARC-EP. Ihre Waffen legten sie hier nieder und aktuell sind sie immer noch mit dem Prozess der Wiedereingliederung beschäftigt. Mit der Waffenabgabe änderte sich auch der juristisch befristeten Zonen in nun sogenannte Wiedereingliederungszonen (ETCR).

Es wurde ein Zensus und die Legalisierung als juristische Personen durchgeführt, denn bisher waren sie in der Illegalität gewesen. Nun sollen in den Zonen, wo ein Großteil der ehemaligen Guerillakämpferinnen und -kämpfern dauerhaft bleiben will, Ausbildungsmöglichkeiten und Schulungen stattfinden. In einigen Zonen gibt es schon kleine wirtschaftliche Projekte, wie kleine Läden oder Restaurants. Zudem sind sie mit dem Aufbau ihrer politischen legalen Arbeit beschäftigt. Die FARC wurde als Partei am 1. September dieses Jahres gegründet und will künftig an den Wahlen teilnehmen. Aktuell läuft dafür der juristische Prozess.

Trotz der weitreichenden Vereinbarungen hält die Regierung ihre Verpflichtungen zur Umsetzung des Friedensabkommens nur ungenügend ein. Mittlerweile leben tausende Personen in den Wiedereingliederungszonen, doch die Bedingungen sind teilweise immer noch prekär. Die Folge ist, dass immer mehr Personen diese Zonen aus Perspektivlosigkeit verlassen und sich individuell auf die Suche nach Möglichkeiten begeben oder sich weiterhin existierenden bewaffneten Gruppen anschließen. Fehlende Bebauung und Unterkünfte, schlechte Nahrungsmittelversorgung, ungenügende medizinische Versorgung und fehlende Beschäftigung bzw. Programme zur Wiedereingliederung sind die Probleme.

In der ETCR Antonio Nariño waren laut dem unabhängigen Überwachungsmechanismus (UN, Regierung und FARC-EP) bis Anfang Mai nur 30% der Infrastruktur fertiggestellt. Auch im Sommer befanden sich viele Unterkünfte und die soziale Infrastruktur noch im Aufbau oder waren erst gar nicht vorhanden. Die Eigentumsverhältnisse des Landes der Zonen sind teilweise ungeklärt, meistens pachtet die Regierung das Land von Privatpersonen. Auch wenn es von der Regierung Zusagen wie monatlichen Zahlungen (noch unter dem gesetzlichen Mindestlohn) für die ehemaligen Guerillakämpferinnen und -kämpfer oder Unterstützung beim Aufbau der neuen Dörfer gab, arbeiten die Personen der FARC häufig in Eigeninitiative. Hinzu kommt, dass die Baumaterialien nur von geringer Qualität sind. Unterstützung gibt es jedoch neben der stattlichen Seite von der lokalen Bevölkerung oder auch Initiativen der sozialen Bewegungen sowie der staatlichen Universitäten.

Während des Friedensprozesses (vier ganze Jahre) haben viele Kämpferinnen der FARC-EP Kinder bekommen. Klar, dies war ein lang ersehnter Wunsch vieler, doch in Kriegszeiten war dies nur schwer bis gar nicht möglich Kinder zu bekommen und groß zu ziehen. Nun wollen wir als Tierra Unida die „Kinder des Friedens“ unterstützen und von Potsdam aus einen Beitrag zur Wiedereingliederung der Kämpferinnen und Kämpfer leisten. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Wiedereingliederungszonen mit ihren neu entstehenden Dörfern längerfristig bestehen und ehemalige Guerilleros und ihre Familien dort dauerhaft leben werden. Viele soziale und sozioökonomische Projekte hat die FARC darin vor. So sollen kleine Agrarkooperativen, Werkstätten oder auch kleine touristische Projekte entstehen. Aufgrund der prekären Lebensbedingungen und der nur langsamen Entwicklung der sozialen Infrastruktur wie Kindergärten, Schulen oder Kulturhäuser, wollen wir diesen Prozess antreiben und unterstützen. Mittlerweile wird zwar ein kleiner Kindergarten in der Wiedereingliederungszone in Icononzo von der FARC selbst gebaut, doch es fehlt dort an einer kindgerechten Ausstattung sowie an Spiel- und Bildungsmaterialien. Dabei sind es die Kinder, die in einem Postkonflikt die Unterstützung und eine adäquate Zukunft benötigen.

Das Projekt „Kinder des Friedens“ wird sich also primär um die Kinder kümmern, die in den Wiedereingliederungszonen leben und damit einen Beitrag zur Friedensarbeit leisten. Die Kinder sind die Botschafter der nächsten Generationen und nur mit Kindern, die eine adäquate Erziehung, Bildung und gute Lebensbedingungen vorfinden, kann ein gerechteres und friedvolles Land entstehen. Zum anderen wollen wir mit der internationalen Unterstützung zeigen, dass der Frieden, auch wenn er derzeit nur schleppend umgesetzt wird, weiterhin die einzige Alternative im Land und auf der Welt ist.

Auch dazu leisten wir unsere Unterstützung und wollen den Kindergarten bzw. andere notwendige soziale Infrastruktur angemessen ausstatten und zeigen, dass die Kämpferinnen und Kämpfer der FARC sowie die Regierung nicht alleine in ihren Bemühungen sind. Mit unseren gesammelten Spenden sollen vor Ort Kinderbetten, Kindertische, Stühle, Spielzeug, Bücher und andere Materialien gekauft werden. Mit dem Projekt beginnen wir in Icononzo, wollen dann aber im kommenden Jahr auch andere Zonen unterstützen, wo unser Partner die lokale NGO Plataforma Sur arbeitet. Immer sollen jedoch die „Kinder des Friedens“ der jeweiligen Zone, wie in Icononzo, La Montañita oder Miravalle mit ihren Bedürfnissen im Vordergrund stehen.

Unterstützt das Projekt mit Spenden

Ausführliche Projektinformationen mit PDF-Dokument