Kolumbien: Frieden weiterhin auf wackeligen Füßen

Zum Weltfriedenstag der Vereinten Nationen (UN) am 21. September werfen wir einen kurzen Blick auf das Land Kolumbien, in der wir ein Friedensprojekt haben und in der auch die Vereinten Nationen eine Mission zur Überwachung des Friedensabkommens zwischen der FARC und der kolumbianischen Regierung durchführen.

Zuletzt rumorte es gewaltig in Kolumbien. Dass der Frieden trotz Abschluss eines Abkommens auf wackeligen Füßen steht, ist allen klar. Doch mit dem neuen Präsidenten Duque, der aus einer rechtskonservativen Partei kommt und der in der Öffentlichkeit Änderungen am Abkommen versprach, änderte sich das Stimmungsbild in der ehemaligen Guerilla. Die schon schleppende soziale, ökonomische und politische Wiedereingliederung der ehemaligen Kämpferinnen und Kämpfer stand erneut zur Disposition und in der ehemaligen Guerilla machte sich Unmut breit.

Auch bei unserem Projekt in Icononzo (Tolima) mit dem Aufbau und der Ausstattung eines Kindergartens zeigte sich schnell, wie langsam die Wiedereingliederung voranschreitet und wie wenig seitens der Regierung getan wird, um Ängste und Unmut in der FARC abzubauen. Um den Prozess des Friedens zu stärken und den ehemaligen Kämpferinnen und Kämpfern ein Gefühl des Mutes und solidarischen Unterstützung zu geben, entschlossen wir uns zum Projekt „Kinder des Friedens“. Schließlich sind die Kinder die Hoffnung für eine friedliche Zukunft.

Auch ein Bericht der UN-Mission von Anfang September stellt klar, dass es weiterhin Schwierigkeiten gibt. Zwar haben zum Beispiel im Südosten Kolumbiens FARC- Mitglieder und ihre Familien mehr als 40 produktive Projekte entwickelt, die jedoch größtenteils von ihnen selbst finanziert werden, mit der Unterstützung einiger Universitäten, Nichtregierungsorganisationen, der internationalen Gemeinschaft und Unternehmen in der Region. Am 27. Juli bekräftigte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen öffentlich die „Wichtigkeit der vollständigen politischen, rechtlichen und sozioökonomischen Wiedereingliederung der ehemaligen Mitglieder der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens – Volksarmee (FARC-EP), auch durch kontinuierliche Arbeit des Nationalen Wiedereingliederungsrates (NRC), um den Zugang zu Land zu sichern und produktive Projekte für ehemalige FARC-EP-Mitglieder zu schaffen.“

Trotz der politischen Bekenntnisse ist die Situation derzeit schwierig und man hat den Eindruck, dass in der Basis die Unzufriedenheit steigt. Dies hat nicht nur mit der fehlenden Wiedereingliederung zu tun, sondern auch mit Sicherheitsaspekten. Denn seit 2016 wurden rund 75 ehemalige Guerillakämpfer und ihre Familien umgebracht. Generell ist die politische linke Opposition im Land gefährdet und werden Aktivisten eingeschüchtert, bedroht oder getötet. In den vergangenen Wochen haben mehrere Führungspersonen der FARC ihre Wiedereingliederungszonen verlassen, was für verstärkte Gerüchte im Land sorgte, dass sie sich dem Frieden abtrünnigen Gruppen angeschlossen hätten.

Einige meldeten sich nun zu Wort und versicherten, dem Frieden weiterhin treu zu bleiben, äußerten jedoch starke Kritik an der Regierung, die ihren Pflichten nicht nachkommt. Neben der fehlenden Unterstützung in Bezug auf die Wiedereingliederung nannten sie auch eine drohende Verhaftung als Grund für ihr Verschwinden. Dies zeigt einmal mehr, wie wenig Vertrauen von beiden Seiten vorhanden ist und wie wackelig der Frieden in Kolumbien auf seinen Füßen steht. Klar ist jedoch auch, der Aufbau von Frieden ist eine langfristige Aufgabe, die mit dem Schaffen von Perspektiven und Vertrauen zu tun hat und mit dem Willen aller Akteure, diesen auch zu wollen.

paz

Kritik an Starbucks nach Ausbeutung auf Kaffeeplantage in Brasilien

Unser Mitglied von tierra unida, Mario Schenk, veröffentlichte auf dem Webportal Amerika21 einen Artikel zur Ausbeutung von Starbucks auf einer Kaffeeplantage in Brasilien. Hier sein Artikel:

Belo Horizonte/Seattle. Ermittler des brasilianischen Arbeitsministeriums (MT) haben Ende Juli 18 Menschen von einer Kaffeeplantage im Bundesstaat Minas Gerais befreit. Die Personen hatten dort unter sklavenähnlichen Zuständen gelebt und gearbeitet. Am Zugang zu der Plantage verwiesen Schilder auf eine Zusammenarbeit mit dem Kaffeekonzern Starbucks und wiesen das Siegel für Nachhaltigkeit des Zertifizierers UTZ auf. Dies berichtet die Nichtregierungsorganisation Reporter Brasil, die die Behörden bei der Befreiung der Arbeiter begleitete.

Die Realität auf der Farm war von menschenunwürdigen Bedingungen geprägt. Befreite Arbeiter beschrieben die Situation gegenüber Reporter Brasil wie folgt: „Wir haben nie Geld für Arbeit an Feiertagen oder Sonntagen erhalten. Man arbeitete von Montag bis Samstag, von sechs Uhr bis mindestens 17 Uhr, ohne geregelte Pausen“. Auch die hygienischen Bedingungen seien miserabel gewesen. „Es gab viel Fledermäuse und Mäuse in den Unterkünften. Ratten fraßen unser Essen. Dann musste man wieder in die Stadt einkaufen“, sagt ein anderer ehemaliger Landarbeiter.

Die Gruppe lebte in Gemeinschaftsunterkünften ohne Trink- oder Abwasser. Die Ermittler stellten fest, dass die sanitären Anlagen so prekär waren, dass die Gesundheit der Arbeiter gefährdetet war. Laut Bericht der geretteten Gruppe war es üblich, tote Fledermäuse in den Wasserbehältern zu finden, die keine Abdeckung hatten. Das Wasser zum Kochen und Trinken sei von toten Tieren oder Kot verunreinigt gewesen.

Bei der Entlohnung sei es immer wieder zu Betrug durch die Plantagenvorsteher gekommen. „Manchmal verschwand unsere Ernte von einem auf den anderen Tag und wurde nicht ausgezahlt und die lachten nur“, so einer der Arbeiter. Von der Entlohnung seien zudem überteuerte Kosten für Unterkunft abgezogen worden. Nie sei Geld übrig geblieben, um etwas zu sparen oder nach Hause zu schicken.

Dabei verfügte das Landgut über das Ökolabel für kontrollierten Anbau „C.A.F.E. Practices“ der Kaffeegiganten Starbucks und SCS Global Services. Starbucks teilte mit, dass man der Finca das Siegel im Jahr 2016 ausgestellt, aber seitdem keinen Kaffee von der Plantage gekauft habe. Man sei dabei, den Vorfall zu untersuchen und den Hinweisen des Arbeitsministeriums nachzugehen, so Starbucks in einer Stellungnahme. Beide Unternehmen versprachen gegenüber Reporter Brasil, die Zertifizierung des Kaffeeproduzenten zu überprüfen.

Auch das Unternehmen UTZ setzte nach Hinweis über die Zustände auf der Farm die Zertifizierung vorerst aus. UTZ bestätigte, dass die Vor-Ort-Prüfung der Plantage im Februar dieses Jahres stattgefunden habe und die Produktionsstätte im April zertifiziert wurde. Die Pächterin und Verwalterin des Betriebs, Fabiana Soares Ferreira, ließ über eine Anwältin wissen, dass sie „bestürzt“ sei über das Vorgefallene. Sklavenarbeit sei „nicht die Philosophie des Unternehmens“.

Der Fall bildet dennoch keine Ausnahme. Anfang Juli hatte das Arbeitsministerium zwei Stunden entfernt 19 Menschen aus sklavenähnlichen Arbeitsbedingungen auf einer Kaffeeplantage befreit. Die Arbeitsbedingungen und Lieferketten sind schwer zu kontrollieren. Der Kaffeegigant Nestlé bestätigte 2015, dass er Kaffee von zwei Plantagen gekauft hatte, auf denen die brasilianischen Behörden Arbeiter von sklavereiähnlichen Bedingungen befreit hatten. Auch im Jahr 2016 mussten die Konzerne Nestlé und Jacobs Douwe Egberts zugeben, dass Bohnen von brasilianischen Plantagen, auf der Sklavenarbeit zum Einsatz kam, möglicherweise in ihrem Kaffee gelandet sind.

Foto von Amerika21, Quelle: maxpixel, Lizenz: CC0 1.0
Foto von Amerika21, Quelle: maxpixel, Lizenz: CC0 1.0

Zum Weltalphabetisierungstag

Am 8. September wird jährlich der Weltalphabetisierungstag (manchmal auch Weltbildungstag genannt) mit Veranstaltungen begangen. Dieser Tag soll an die Problematik des Analphabetismus erinnern, die sich vor allem in der südlichen Hemisphäre zeigt. Weltweit können rund 860 Millionen Erwachsene nicht richtig lesen und schreiben, zwei Drittel davon sind Frauen. Doch auch in Deutschland gelten rund 7,5 Millionen Menschen als Analphabeten.

„Der Weltalphabetisierungstag wurde von der UNESCO im Anschluss an die Weltkonferenz zur Beseitigung des Analphabetentums im September 1965 in Teheran ins Leben gerufen und am 8. September 1966 erstmals begangen“, so Wikipedia. Weil die Vereinten Nationen den Tag ins Leben gerufen haben wird deutlich, dass der Kampf um Bildung eben auch eine weltweite Angelegenheit ist.

Analphabetismus zu beseitigen und sich für adäquate Bildung einzusetzen bedeutet, die strukturelle Gewalt und Ungleichheit in der Welt aufzubrechen. Noch immer reagieren Eliten und staatliche Machtstrukturen sehr misstrauisch auf Bildung bzw. kritisches Denken. Schließlich bedeutet ein gebildeter und kritischer Geist doch Emanzipation, was als Angriff auf die bestehende Ordnung gesehen werden kann. Ungenügende Bildung ist ein wesentliches Hindernis für gesellschaftliche Entwicklung und Fortschritt.

Tierra Unida hat in seinem Bestehen immer Wert auf Bildung und kritische Auseinandersetzung gelegt. Eines der ersten Projekte war im Jahr 1984 eine Versteigerungsaktion für ein Ausbildungszentrum in Jinotepe (Nicaragua). Erinnert sei hier noch einmal an eine der größten Anstrengungen weltweit, um Alphabetisierung und Bildung zu erhöhen. In einer großen Kampagne der sandinistischen Regierung zogen Anfang der 1980er Jahre über 100.000 Freiwillige durch Nicaragua, um die Analphabetenquote von 65 % auf 12 % zu senken.

Auch in Potsdam gibt es eine Veranstaltung im Bildungsforum der Stadt Potsdam am 6. September. Organisiert wird diese vom Grundbildungszentrum der Stadt Potsdam mit Rätseln, kleinen Preisen und Informationen rund um Alphabetisierung und Kursangebote.